Mountainbike-Wissen
Grundlagenpapier zu den Umweltauswirkungen des Mountainbikens
Wie Boden, Flora und Fauna auf Mountainbiker reagieren.
In dem Grundlagenpapier werden die vorhandenen Studien zu den Auswirkungen von Mountainbiken auf Boden, Flora und Fauna mit Erkenntnissen zu anderen Naturaktivitäten verglichen. Der Vergleich zeigt, dass eine Schlechterstellung des Mountainbikens auf vorhandenen Wegen gegenüber dem Wandern oder anderen Natursportarten naturschutzfachlich nicht begründbar ist.
Es ist trotzdem wichtig, sich der folgenden Umweltauswirkungen bewusst zu sein:
Alle Wege haben Folgen.
Der schwerwiegendste Eingriff von wegegebundenen Aktivitäten ist im Freizeitbereich zunächst die Anlage des Weges. Für die Fauna, insbesondere Kriechtiere, stellen selbst schmale Wege schon teilweise unüberwindbare Barrieren dar. Sie zerschneiden Lebensräume und sorgen für erschwerten Austausch beziehungsweise im schlimmsten Fall für eine Isolation von Populationen.
Tiere nehmen Freizeitnutzer zum Teil überraschend spät war.
Der Kontakt des Tieres mit dem Mountainbiker ist im Vergleich zum langsameren Wanderer wesentlich kürzer. Eine Fluchtreaktion erfolgt beim Wandern in 60 Prozent der Begegnungen, beim Mountainbiken lediglich in sechs Prozent der Fälle. Mountainbiker sind durch die Limitierung auf Wege berechenbarer. Wanderer hingegen nähern sich oft außerhalb der bestehenden Wege. Gerade hier empfinden die Wildtiere den größten Stress. Unter der Voraussetzung einer regelmäßigen Wiederholung an gleichbleibender Stelle und dem Ausbleiben direkter Folgen für die Wildtiere gewöhnen sich die Tiere an die Störreize.
Auch eine vergleichbar kurze Störung hat Folgen.
Bei den Tieren kommt es z. B. zu verringerter Nahrungsaufnahme und gesteigerter Fortbewegung. Je nach Jahreszeit und Gesundheitszustand des Tieres können die Störungen gerade in der Dämmerung schwerwiegende Folgen haben. In Mitteleuropa passt sich Rehwild dem Freizeitdruck an. Das macht sich in einer verstärkten Verlagerung der Aktivitäten in die Nacht bemerkbar, aber auch in kleineren Streifgebieten in hochfrequentierten Naherholungsgebieten. Waldstraßen oder gar ganze Regionen werden vermieden, so dass eine immer stärkere Fragmentierung des Naturraums durch Wege ebenfalls Folgen hat.
Auch Vögel reagieren auf Störreize durch Freizeitnutzung. So sank der Bruterfolg in einer ausgewiesenen Bike-Region auf 35 Prozent im Vergleich zu einem 70 %-igen Bruterfolg in einer Region ohne Bike-Nutzung.
Wildtiere haben jahreszeitlich kaum mehr Rückzugszeiten.
Egal ob Radfahren, Joggen oder Nordic Walking: Die Rhythmen der Freizeitnutzung insbesondere von siedlungsnahen Wiesen und Wäldern hat sich verändert. Dazu tragen neben einer geringeren Wochenarbeitszeit und einem größeren Interesse an der Erholung in der Natur auch mildere Winter und die breite Verfügbarkeit von hochwertiger Funktionskleidung bei.
In der Folge ist Mountainbiken – wie die anderen genannten Freizeitaktivitäten – mittlerweile eine Ganzjahresaktivität, auch wenn die Zahl der Aktiven in der kälteren Jahreszeit noch immer deutlich geringer ist. Von Oktober bis März wird Freizeitsport in unseren Breiten nach Feierabend naturgemäß in der Dämmerung oder Dunkelheit ausgeübt.
Gleichzeitig ist Wild gerade in der kühleren Jahreszeit besonders störanfällig. Das Nahrungsangebot sinkt, das Ruhebedürfnis ist besonders stark.
Deshalb sollten Naturaktivitäten in der Dämmerung und Nacht grundsätzlich kritisch betrachtet und möglichst vermieden werden. Nachtläufe und -fahrten sollten insbesondere in sensiblen Gebieten unterbleiben. Eine einheitliche Position und damit verbundene Empfehlung der Sport- und Naturschutzverbände ist wünschenswert.
Mountainbiken ist ein wegegebundener Sport.
Mountainbiker sind für die Ausübung ihres Sports von Wegen abhängig. Von der Anlage eines Weges geht der stärkste Einfluss auf den Boden und die dortige Biodiversität aus. Besonders auf Wildtiere haben informelle Wegenetze einen starken Einfluss. Sie bringen Unruhe in bisher ungestörte Gebiete und sind gerade aufgrund ihrer vergleichsweise sporadischen Nutzung wenig vorhersehbar. Im Gegensatz zu etablierten Wegen sind sie damit aus Sicht des Wildes deutlich gefährlicher.
Mountainbiker und Wanderer haben ähnliche Motivlagen und Anforderungen an den Freizeit- und Naturraum.
Viele Natursportler haben ähnliche Motivlagen für ihre Sehnsucht nach der Bewegung im Freien. Für 96 Prozent der Mountainbiker ist der Naturgenuss das Hauptmotiv bei der Ausübung der Naturaktivität (MTD 2018). Auch die Anforderungen an den Naturraum sind ähnlich. Beide Nutzergruppen suchen möglichst naturbelassene Wege, verschiedene Bodenstrukturen und ein idealerweise ausgewiesenes Wegenetz mit organisiertem Leitsystem zur einfacheren Orientierung.
Was bedeutet das für die Zukunft?
Das Problem informeller Wegenetze sollte von allen Seiten proaktiv behandelt werden. Runde Tische haben sich als geeignetes Forum bewährt, um einen Ausgleich der Bedürfnisse des Naturschutzes, der aktiven Mountainbiker und anderer Belangträger zu erarbeiten. Angesichts der stetig wachsenden Zielgruppe der Natursportler – neben Mountainbiken werden auch Wandern und weitere Aktivsportarten immer beliebter – und einem damit einhergehenden wachsenden Belastungsdruck auf die Natur sind nachhaltige und zukunftsorientierte Ansätze für die Sensibilisierung und Lenkung der Nutzer zwingend nötig.
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